Empörung über Top-Bezüge wird lauter (t-news 25.12.03)
In der Diskussion um hohe Manager-Gehälter hat die IG Metall den
Siemens-Konzern kritisiert. Im abgelaufenen Geschäftsjahr seien die Bezüge der
Vorstände um 20 Prozent auf durchschnittlich 2,4 Millionen Euro pro Kopf
gestiegen, erklärte Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer am Montag in München.
"Offenbar sind die exorbitanten US-Managergehälter Maßstab für das
eigene Portemonnaie der Siemens-Vorstände." Zugleich werde aber die
Forderung der IG Metall nach vier Prozent mehr Einkommen in der laufenden
Tarifrunde als zu hoch kritisiert und mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen
ins Ausland gedroht.
Einkünfte von Top-Managern auch in anderen Ländern in der Kritik
In den Niederlanden erinnerte der christdemokratische Ministerpräsident Jan
Peter Balkenende unlängst die Spitzenmanager daran, dass sie eine
Vorbildfunktion hätten und sich auf einen Verhaltenscodex einigen sollten.
Empfehlungen einer Regierungs- Kommission wurden nach Einwänden der Wirtschaft
abgeschwächt. Speziell die Entlohnung des Ahold-Spitzenmanagers Anders Moberg,
dem der finanziell angeschlagene Supermarktkonzern ein Jahressalär von 1,5
Millionen Euro gewährte, das mit Prämien und Aktien bis auf zehn Millionen
Euro steigen kann, löste hitzige Debatten aus.
In Großbritannien spricht man schlicht von "fat cats"
In Großbritannien gibt es ebenfalls eine Debatte über die Gehälter der "fat
cats" (dicken Katzen), wie die bestbezahlten Industriekapitäne genannt
werden. Im Mai verweigerten die Aktionäre des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline
dem Vorstandschef Jean-Pierre Garnier ein Abfindungspaket von fast 31 Millionen
Euro. Nach einer Erhebung des "Independent" sind die Einkommen der
Chefs der 100 größten Firmen Großbritanniens im vergangenen Jahr
durchschnittlich um neun Prozent auf 2,4 Millionen Euro gestiegen. Der
inzwischen zurückgetretene Vodafone-Chef Chris Gent lag 2002 mit einem
Jahreseinkommen von 5,2 Millionen Euro an der Spitze.
Frankreich stört sich an den "goldenen Fallschirmen"
Die Höhe von Manager-Gehältern wird in Frankreich nicht kritisiert, wohl aber
die "goldenen Fallschirme", die Abfindungen. Diese Diskussion wurde
durch den früheren Vivendi-Universal-Chef Jean-Marie Messier angeheizt. Er
brachte das Unternehmen an den Rand der Zahlungsunfähigkeit und streitet vor
Gericht um die Abfindung von über 20 Millionen Euro.
Millionenschwere Abfindungen kommen als Pensionen daher
Auch in Spanien lösten Abfindungen Kontroversen aus. So erhielt der einstige
Vizepräsident der Großbank BSCH Angel Corcóstegui vor zwei Jahren 108
Millionen Euro, der frühere Co-Präsident José María Amusátegui 43,7
Millionen Euro, die jeweils als Pension deklariert wurden. Vor Gericht
rechtfertigte Corcóstegui die Summe mit dem "unerträglichen Stress"
seines Jobs. Der Chef der New Yorker Börse (NYSE) Richard Grasso gab im Herbst
seinen Posten auf, nachdem bekannt geworden war, dass er insgesamt 188 Millionen
Dollar für Altersversorgung, Gehalt, Ersparnisse und sonstige Ansprüche
bekommen sollte.
Druck kommt nur durch öffentliche Empörung
Der frühere Vorstands- und Aufsichtsratschef des schweizerisch-schwedischen
ABB-Konzerns, Percy Barnevik, verzichtete nach scharfer Kritik an seinen
Pensionszahlungen von 149 Millionen Franken auf mehr als die Hälfte des
Betrags. Sein Nachfolger Göran Lindahl hatte zugleich auf 47 Millionen der ihm
zustehenden 90 Millionen Franken verzichtet. Diese Summen hatten angesichts der
finanziellen Probleme des Unternehmens heftige Empörung ausgelöst.
Kanzler Schröder: Salär an Erfolg und sozialen Umgang koppeln
Am Wochenende hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für den strikten
Zusammenhang zwischen der Bezahlung eines Vorstands und dem Erfolg eines
Unternehmens plädiert. Entscheidende Kriterien seien dabei nicht nur der
Gewinn, sondern auch die Frage, wie das Unternehmen mit seinen Beschäftigten
umgehe.